Entschiedene Wettbewerbe
Sprache
Art des Verfahrens
Baukategorie
Art der Aufgabe
Beschaffungsform
Kanton
Fachgebiet Federführung
Jahr
- 27.05.2022ProjektwettbewerbZürich
Neugestaltung Spitzgarten, Klosterinsel Rheinau
- 25.05.2022ProjektwettbewerbBasel
Erneuerung Schulanlage Fröschmatt, Pratteln
- 23.05.2022ProjektstudieBasel
Uni-Quartier Dreispitz Münchenstein
- 17.05.2022ProjektwettbewerbWallis
OIKEN sous-station électrique, bureaux, parking-silo et habitation, Sion
- 13.05.2022ProjektwettbewerbZürich
Neubau Schulanlage Tüffenwies, Zürich
- 11.05.2022ProjektwettbewerbZürich
Neubau Sihlsteg Spinnerei, Langnau am Albis
- 10.05.2022ProjektwettbewerbFribourg
Assainissement et transformation du Château de Bulle
- 09.05.2022IdeenwettbewerbLuzern
Ein Gedenkort für die Verstorbenen der Schweizer Armee | Mémorial pour les morts de l’Armée suisse | Un memoriale ai deceduti dell'Esercito svizzero
- 06.05.2022ProjektwettbewerbBasel
Stadtbaustein VoltaNord - Baufeld 5, Basel
- 05.05.2022ProjektwettbewerbFribourg
Extension de l'école primaire de Matran
- 04.05.2022ProjektstudieBasel
Neubau Primarschule Walkeweg, Basel (Studienauftrag)
- 29.04.2022ProjektstudieAargau
Küttigerstrasse, Aarau
- 27.04.2022ProjektstudieFribourg
Neubau Mehrzweckgebäude Gwatt, Schmitten
- 26.04.2022ProjektstudieWaadt
Rénovation du bâtiment principal de la Fondation de l’Orme, Lausanne
- 19.04.2022ProjektwettbewerbSt. Gallen
Neubau Feuerwehrdepot Pizol in Vilters-Wangs
- 13.04.2022ProjektwettbewerbZürich
Neubau und Umbau Kantons- und Berufsfachschule in Uetikon am See
Zollhaus, Genossenschaft Kalkbreite Zürich
Offenes Verfahren
Zollstrasse 56, 8005 Zürich
Publikationsdatum
20.10.2015
Auftraggeber
Baugenossenschaft Kalkbreite, Kalkbreitestrasse 2, 8003 Zürich
Galerie
Auftraggeber & Jury
Fachrichter
- Ursula Müller, Amt für Hochbauten, Zürich (Vorsitz),
- Pascal Hunkeler, Amt für Städtebau, Zürich,
- Sabina Hubacher, Haerle Hubacher Architekten, Zürich,
- Adrian Streich, Adrian Streich Architekten, Zürich,
- Andreas Hofer, Archipel, Zürich,
- Kornelia Gysel, FUTURAFROSCH, Zürich,
- Tina Arndt, architektick, Zürich,
Sachrichter
- Astrid Heymann, Präsidium Genossenschaft Kalkbreite,
- Thomas Sacchi, Projektleiter Neubau Kalkbreite, Geschäftsleitung Genossenschaft Kalkbreite,
- Jonathan Kischkel, Architekt, Vorstand Genossenschaft Kalkbreite,
- Anke Domschky, Landschaftsarchitektin, Arbeitsgruppe Entwicklung Zollhaus, Genossenschaft Kalkbreite,
- Christoph Stäger (SBB Immobilien),
- Corinna Heye, Sozialgeografin, Entwicklungskommission Zollhaus, Genossenschaft Kalkbreite,
Wettbewerbsresultat
Resultat
Der Zürcher Stadtkreis 5 unterliegt einem dynamischen Wahrnehmungsmuster: Bis vor zwei Generationen war das Gebiet westlich des Hauptbahnhofs als Industrie- und Arbeiterquartier bekannt. Vor einer Generation prägte die offene Drogenszene das Strassenbild. Und inzwischen ist der Verkehr beruhigt und ein Platz zum Wohnen oder Arbeiten fast so begehrt wie am noblen Zürichberg.
Ganz im Westen läuft der aktuelle Grossumbau von der Brache zum trendigen Grossstadtquartier; rund um die Langstrasse konzentriert sich der Wandel dagegen auf soziales und kommerzielles Terrain. Das Geviert zwischen Hauptbahnhof und Escher-Wyss-Platz wird durch die innerstädtische Blockrandbebauung dominiert und bietet kaum Reserven für eine Verdichtung nach innen. Und neben teilweise geschützten Genossenschaftssiedlungen sind Standorte für bezahlbares Wohnen rar.
Dass die SBB entlang des Gleisfelds zum Hauptbahnhof nun den Platz für ein gemeinnütziges Wohn- und Gewerbeprojekt freigegeben haben, ist daher zu begrüssen; die dafür veräusserte Randparzelle an der Zollstrasse – vis-à-vis der Europaallee – ist allerdings eher knapp: ein keilförmiges Grundstück mit rund 4800 m2 Fläche, rund 120 m lang und maximal 25 m breit. Darauf stehen zwei teilweise bewohnte Wohnhäuser, eine Lagerhalle und eine Tankstelle. Bald werden sie einer Überbauung der Genossenschaft Kalkbreite weichen, die den Zuschlag von den SBB erhalten hat. Für die «Kalki» bedeutet dies einen organisatorischen Kraftakt: Bereits ein Jahr nach ihrem ersten Projekt im Stadtkreis 4 (vgl. TEC21 26–27/2014) will sie das «Zollhaus» realisieren – einen selbstverwalteten Wohn-, Kultur- und Gewerbekomplex, der bis 2020 direkt an der Langstrasse eröffnet werden soll.
Ende Juni wurde der gemeinsam mit der Stadt Zürich durchgeführte Architekturwettbewerb entschieden. Zur Ausführung vorgeschlagen wird der Entwurf «Esperanto» von Enzmann Fischer Partner, Zürich: eine dreiteilige Überbauung mit bis zu sechs Stockwerke hohen Gebäuden, einheitlichem Sockelgeschoss und 9000 m2 HNF. Das durchgehende Podest wird auf der südlichen Seite zur öffentlich begehbaren Gleisterrasse. Auf der nördlichen Seite erhält die Zollstrasse eine gewerblich nutzbare Front.
Grosses Interesse, ähnliche Konzepte
Der offene, internationale Wettbewerb stiess auf grosses Interesse: Über 200 Büros haben Unterlagen verlangt; 102 Vorschläge wurden abgegeben. Und nach drei öffentlichen Jurytagen hat das Preisgericht «aus den qualitativ durchwegs hochstehenden» Entwürfen elf prämiert. Bemerkenswert ist, wie sehr das Überbauungskonzept mit drei Elementen unter allen Vorschlägen überwiegt: zum Auftakt ein kompaktes Scharnierhaus, gefolgt von einem Langhaus und zum Abschluss ein Baukörper in Spickelform mit deutlich geringerer Dimension. Als weitere Gemeinsamkeit fällt die Dominanz der «Einheimischen» unter den Wettbewerbsteilnehmern auf: Zehn der elf prämierten Architekturbüros sind in der Stadt Zürich domiziliert.
Der von der Wettbewerbsjury erkorene Sieger ist auch das «Wunschprojekt» der Genossenschaft. Die differenzierte Setzung und Proportionierung der Baukörper sowie vor allem der Aufschluss des Kopfbaus unterscheidet den siegreichen Entwurf «Esperanto» von den übrigen Vorschlägen. Hauptmerkmal ist die erkennbare Vernetzung mit dem Quartier durch eine offen gestaltete Eintrittssituation für Bewohner und Passanten. Die Eingangsfront wendet sich der Langstrasse zu, was Raum für einen trichterförmigen Vorplatz schafft. Zwischen Kopfbau und Gleisfeld führt eine Treppe zur Sockelterrasse. Und von der Zollstrasse mündet der Haupteingang in eine halböffentliche, interne Mall. Dieser «Forum» genannte, oben geschlossene Innenbereich umfasst eine dreistöckige Galerie mit Zugang zu Theater, Bar, Café sowie vermietbaren Büro- und Dienstleistungsflächen.
Im Gebäudekranz darüber sind unterschiedliche Wohnnutzungen und -typologien untergebracht: zwei überhohe, frei einteilbare Hallen für das gemeinschaftliche Wohnen sowie ein Mix aus Wohnstudios, Schaltzimmern und Familienwohnungen. Zum einen sind die Wohnschichten aber teilweise derart tief, dass mit eher dunklen Wohnungen zu rechnen ist. Und zum anderen liegen sie unmittelbar an der lärmbelasteten Langstrasse. Ohne den fast 15 m weiten, geschützten Lichtschacht wäre die Wohnnutzung deshalb nicht möglich.
Der zweite Teil im «Esperanto»-Entwurf ist ein fünfgeschossiger, über 50 m langer Quader. Die zwei obersten Stockwerke werden für weitere Wohnspezialitäten der experimentierfreudigen Genossenschaft genutzt. Die Qualität der entworfenen Grundrisse für die Grosswohnungen ist aber als lieblos anzuzweifeln: Bis zu sieben Einzelzimmer reihen sich jeweils einem gefangenen Mittelgang entlang. Und weil eine Skelettbauweise vorgeschlagen wird, stören tragende Stützen bisweilen den offenen Wohnbereich. Zu den Pluspunkten des langgezogenen Mittelbaus gehört hingegen der grösstmögliche Abstand zu den Bahngleisen. Davon profitiert die Bespielbarkeit der öffentlichen Terrasse, die unter anderem einem Café und Kinderhort als Aussenraum dienen soll.
Enge Grundstückgeometrie
Das sich verjüngende Grundstück führt in vielen Wettbewerbsentwürfen zu einem ratlosen Abschluss des östlichen Parzellenrands. Das Siegerprojekt schlägt ein Gebäude mit einer Restnutzung der vier Geschosse für «Büro» und «Dienstleistung» vor. Im Aussenraum wird dadurch ein noch zu realisierender Mikroplatz geschickt gefasst. Eine stärkere Akzentuierung ist jedoch dem Beitrag «Fred, Wilma & Pebbles» (EM2N Architekten, 6. Rang) gelungen: Ein dreistöckiger Hallenbau schliesst die dreiteilige Gebäudeabfolge ab; sie scheint für eine offen gestaltete Wohnform ideal ausgelegt. Zudem überrascht dieser Vorschlag mit Dachterrassen und filigranen Verbindungsbrücken zwischen den Gebäuden. Letztere queren allerdings die fortgesetzten Verbindungsachsen aus der benachbarten Blockrandbebauung, weshalb sie die Jury als unzulässig abgewiesen hat.
Auch an anderen Entwürfen wurden kleinste Abweichungen vom Gestaltungsplan sanktioniert. Diese Strenge bekam selbst der Verfasser des von den SBB ursprünglich ausgewählten Masterplans zu spüren. Der im Zollhaus-Wettbewerb eingereichte Entwurf «Villekulla» (agps architecture ltd) wagte eine Auflockerung der dreiteiligen Bebauungsversion; das Bemühen um eine differenzierte Setzung blieb wie bei vielen anderen Entwürfen ohne Erfolg und ohne Rangierung.
Eine eigenständige Version zeigt auch das drittplatzierte Projekt «Babylon» (Hamburger, Du, Pfammatter, Ferrandiz Architekten) auf: ein zweiteiliger Komplex mit dazwischengelegtem, begehbarem Hängegarten und freiem Zugang für die Quartierbevölkerung. Der klonartige Charakter, der sich aus dem Vergleich zum Kalkbreite-Mutterhaus ergibt, sowie die freien Zugänge von der öffentlichen Gartenterrasse zum privaten Wohnraum sprechen jedoch gegen diesen Entwurf.
Mehrere Entwürfe schlugen derweil ausschweifende Fassadengalerien (La maison du Vert, simongyselarchitekt, 5. Rang; Teatro del mondo, BS + EMI Architektenpartner, 9. Rang) als Puffer zum Bahnlärm vor. Weil dafür unter anderem die öffentliche Gleisterrasse beansprucht worden wäre, verwarfen Jury und Genossenschaft auch diese Idee. Insofern hat folgerichtig derjenige Entwurf gewonnen, der sich in akribischer Fleissarbeit am besten mit den starr angewandten Regeln und der engen Parzelle auseinanderzusetzen wusste. Zu hinterfragen ist aber, ob ein Zollhaus-Wettbewerb mit mehr Toleranz im Umgang mit dem Gestaltungsplan und weniger Programmanforderungen und Nutzungswünschen seitens der Genossenschaft nicht eher eigenständigere und einprägsamere Entwürfe provoziert hätte.
Aber auch das Siegerprojekt wird noch weitere Änderungen erfahren: Zum einen lädt die Genossenschaft ihre Basis ein, die Wohntypologien und Grundrissentwürfe weiter zu diskutieren. Zum anderen verlangt die Jury von den siegreichen Architekten, die Gestaltung der Gebäudefassaden und der Freiräume weiterzuentwickeln.
Text: Paul Knüsel, Stv. Chefredaktor TEC21, Redaktor Umwelt/Energie