Die Hochschule für Gestaltung und Kunst verlässt in einem Jahr die Kaserne, ebenso wie die Schule für Brückenangebote. Dies schafft die einmalige Gelegenheit, zu untersuchen, wie sich das Kulturzentrum in der ehemaligen Kaserne Basel entwickeln könnte. Die Debatte ist alt – es gab schon verschiedene Versuche, das lebhafte und viel besuchte Areal am Kleinbasler Ufer baulich anzupassen. Doch selten waren die Vorzeichen so günstig wie jetzt.
Das Raumprogramm wurde bewusst offengelassen: Die zukünftige Nutzung wird im Lauf der Zeit im Dialog mit den Nutzenden und der Bevölkerung bestimmt. Aus Sicht des Auslobers ein schlüssiges Vorgehen, denn angesichts der neu entstandenen Kulturzentren im Dreispitz, im Stellwerk und in der Aktienmühle ist nicht absehbar, welche Nutzungen dereinst den Mix in der Kaserne ergänzen werden.
Für die teilnehmenden Büros war dies eine Herausforderung, denn sie mussten nicht den Nachweis zu einem vorgegebenen Raumprogramm liefern – mit ihrem Eingriff durften sie lediglich die noch vagen Absichtserklärungen des Bauherrn nicht verhindern. Auf 9000 m² Fläche, die im Haupthaus frei wird, sollten sie das Angebot der Kaserne erweitern, die Gastronomie aufwerten, den Öffentlichkeitscharakter im Erdgeschoss erhöhen und eine Verbindung zwischen dem Kasernenhof und der Rheinpromenade erstellen.
Und natürlich war die Liste der Anpassungen aufgrund veränderter Normen und Vorschriften lang: Brandschutz, hindernisfreie Erschliessung, Erdbebensicherheit, Verkehrsfragen und die Anliegen des Denkmalschutzes mussten berücksichtigt werden. Es erstaunt nicht, dass am Ende lediglich 39 Büros ein Projekt einreichten.
Wie häufig bei Umbauten gab der Brandschutz den Takt vor. Ein Haus mit grosser Publikumsbelegung potenziert diese Anforderungen noch. Und so musste entlang der vorgeschriebenen Leitplanken die Struktur des Hauses geklärt und neu geordnet werden. Im Siegerprojekt gelang dies mit zwei neuen Treppenhäusern, die an die Nahtstelle zwischen den beiden Türmen und dem Riegel zu liegen kommen.
Ein geschickter Schachzug, der nicht nur die Frage nach den Fluchtwegen elegant löst, sondern darüber hinaus auch eine flexible Nutzung der Räume ermöglicht. Zudem kann dadurch der breite Korridor auf Seite des Innenhofs nun auch als Raum genutzt werden, weil er als Fluchtweg entlastet wird.
Hans Focketyn und Miquel del Rio Sanin, die beiden Köpfe hinter dem frisch gegründeten Büro, konnten damit eine optimale Antwort auf das schwammige Raumprogramm finden. Im Gegensatz zu den zurückhaltend gesetzten Treppenhäusern ist der Eingriff in den Eingangsbereich massiv und beherzt.
Um den öffentlichen Charakter der Kaserne zu stärken, entwarfen die beiden Architekten ein spektakuläres Entree, das sich über drei Stockwerke erstreckt. Auf Niveau der Rheinpromenade ist es mit Pflastersteinen bedeckt und wird in den Plänen «Plaza» genannt – das Siegerprojekt schafft damit einen bedeckten Platz und eine unverwechselbare Adresse für die Kaserne.
Ein mutiger Entscheid, der tief in die Substanz eingreift. «Ein Haus für alle. Und das Neue.» heisst das Siegerprojekt. Und dieses Neue nimmt sich selbstbewusst den Raum, den es braucht. «Mit grossem Mehr» entscheidet sich das Preisgericht für den ersten Rang. Die Denkmalpflege kritisiert die dreigeschossige Eingangshalle. Der Kommentar legt die Vermutung nahe, dass der Umfang des Eingriffs eine einstimmige Entscheidung verhindert hatte.
Darüber hinaus kritisiert die Denkmalpflege auch die abgerundeten Ecken, die sich nicht nur im Grundriss zeigen, sondern auch im Schnitt immer wieder auftauchen. Insbesondere der Aufführungssaal im Dachgeschoss erscheint fremd in der nüchternen Struktur des Hauses. Und der neu geschaffene, brückenartige Durchgang neben dem Hauptflügel gab offenbar auch zu reden. Ob das Projekt wirklich umgesetzt wird, steht noch offen, es ist nicht der erste Anlauf. Wie es auch kommt – eine Duftmarke haben die beiden Newcomer schon mal gesetzt.
Marko Sauer Architekt, Korrespondent TEC21