Selten werden internationale Ingenieurwettbewerbe für die Überbrückung von bescheidenen 25 m ausgeschrieben. Doch der Projektausschuss der Gornergrat Bahn entschied sich für einen Projektwettbewerb mit Präqualifikation, um die 1897 erstellte Fachwerkbrücke des Abschnitts Zermatt–Gornergrat zu ersetzen. Ausschlaggebend dafür war die fortgeschrittene Korrosion dieser Brücke, ihre unmittelbare Nähe zur Talstation Zermatt und der «Postkartenblick» mit dem Matterhorn im Hintergrund. Die Bahn liess effiziente Montagevorgänge und eine zukünftige Erweiterung auf zwei Spuren untersuchen. Das Ergebnis dürfte weitere Bauherren ermutigen, das gleiche Verfahren zu wählen.
Von den 29 angemeldeten Teams aus Ingenieuren und Architekten durften sieben ein erweitertes Vorprojekt einreichen. Das Tragwerk sollte konstruktiv überzeugen und zugleich funktionstüchtig, wirtschaftlich, dauerhaft und ästhetisch ansprechend sein. Das letztere Kriterium, verstanden als gute Integration in die Umgebung, erwies sich für die Auslobung als entscheidend.
Die Jury prämierte das Planerteam SRP Schneller Ritz und Partner, Schlaich Bergermann und Partner sowie Mooser Lauber Stucky Architekten und sprach zusätzlich zwei Anerkennungen aus. Entscheidend für den Zuschlag war der starke gestalterische Eindruck des Siegerentwurfs.
Stählerner Flügel
Der erstplatzierte Entwurf «Flügel» besticht durch seinen in Längsrichtung zweiteiligen Brückenkörper aus Stahlhohlkästen, die im Feld durch ein Zugband verbunden sind. Die statisch notwendige Höhe wird durch die Verjüngung im Auflagerbereich kompensiert – damit wird das 4.6 m hohe Durchfahrtsprofil der darunterliegenden Strassenbrücke eingehalten. Die polyederförmigen Hohlkästen sind luftdicht verschweisst, was den Unterhalt auf die Aussenflächen beschränkt. Im Tiefpunkt teilt sich das Zugband Y-förmig zu den Elastomerlagern hin.
Alternativen mit Stahlbeton
Der zweitplatzierte Entwurf «Top» wird als elegant, robust und unterhaltsarm gelobt. Der schlanke, einstegige Spannbetonträger fügt sich dezent in die Umgebung ein. Dank zweier Knicke in den Trägeransichten wird das Volumen bei konstanter Höhe optisch gegliedert. Allerdings empfand die Jury die Brückenuntersicht als zu wenig attraktiv.
Der drittplatzierte Entwurf «Origami» wurde als feingliedrig und spannend empfunden. Stahlhohlkasten und Betonplatte sind kompakt und wirken als Hauptträger im Verbund. Die seitlichen Stahlkordone können jederzeit ausgetauscht oder im Fall einer Erweiterung entfernt werden. Ausgerechnet die Dauerhaftigkeit der Schraubenstösse und die statisch zu wenig begründete Form wurden von der Jury kritisch hinterfragt.
Unvollendet, aber machbar
Die Vollstahlvariante ist bezüglich des Montagevorgangs vorteilhaft, denn die rund 50 t leichten Träger lassen sich in einem Stück mit dem Autokran einheben. Bei den beiden anderen Konzepten werden die Brücken parallel zum Gleis erstellt und danach fertig in die definitive Postition eingeschoben, wobei das Lehrgerüst bei «Origami» dank der Längsträger entfällt.
Allerdings wirft die Stahllösung weitere technische Fragen auf, die die Machbarkeit des Konzepts zwar nicht infrage stellen, jedoch für die Qualität des ausgeführten Bauwerks entscheidend werden: Wie wird die starke Lärmemission des Stahltrogs infolge der Bahnüberfahrten gemindert? Werden die konstruktiven Details trotz hoher Ermüdungsbeanspruchungen noch dem flächigen, detailkargen Entwurf gerecht?
Mit Brückenbaukosten zwischen 1 und 1.5 Mio. Fr. gelten die drei Entwürfe als wirtschaftlich «vergleichbar». Die Jury entschied sich offenbar nicht für die günstigste Lösung – angesichts der Aufgabenstellung war dies jedoch nicht von oberster Priorität.
Thomas Ekwall Korrespondent TEC21