Schrille Töne aus Basel: Auf die aufgeregte öffentliche Jurierung des Landhof- Wettbewerbs (TEC21 25/2013) folgt bereits der zweite öffentlich breit diskutierte Basler Wettbewerb. Das Zürcher Architekturbüro guiliani.hönger als Kopf des Generalplanerteams hat den zweistufigen Projektwettbewerb für die Erneuerung des Klinikums 2 des Universitätsspitals Basel gewonnen. Kurz nach Bekanntgabe der Juryentscheidung kritisiert Jacques Herzog als Zweitplatzierter in einem Zeitungsinterview die städtebauliche Fehlentscheidung.¹
Auf den ersten beiden Plätzen stehen sich – und der benachbarten Basler Altstadt – jedenfalls zwei deutlich unterschiedliche städtebauliche Haltungen gegenüber. Auf der Siegerseite zeigt das Projekt «Arcadia» von guiliani.hönger Architekten einen eher konventionellen Krankenhaustyp mit Behandlungsflachbau und Bettenhochhaus. Entgegen seinem Projektnamen ist das zweitplatzierte Projekt «Kazwei» von Herzog & de Meuron das mit Abstand niedrigste Projekt im Verfahren. Das Basler Architekturbüro hat hierbei seinen horizontalen Spitaltypus weiterentwickelt, den es bereits 2002 beim Rehab Basel realisiert hatte und mit dem es im vergangenen Jahr den Studienauftrag für das Kinderspital Zürich gewann.
Gemäss Jurybericht vereint das Siegerprojekt «einen starken städtebaulichen Beitrag mit einem hohen Mass an Nutzungsflexibilität, mit sinnvoll aufgezeigten Spitalprozessen und angemessener Wirtschaftlichkeit». Der zweite Preis wird für «den städtebaulichen Ansatz, den behutsamen Umgang mit dem historischen Erbe und die konsequente Umsetzung der sorgfältig erarbeiteten architektonischen Themen» gewürdigt.
Nach dem ersten Blick auf die Visualisierungen scheint der Fall klar: Während sich das Siegerprojekt «Arcadia» in eine nüchterne und wenig subtil wirkende Rasterfassade hüllt, schmeichelt das Projekt «Kazwei» von Herzog & de Meuron dem Auge durch eine Teilung in einen überhöhten transparenten Sockelbereich mit Brise-soleil-artigen Betonstützen und eine leicht versetzt aufgelegte zweigeschossige Obergeschossplatte mit einer stark gegliederten Loggiafassade. Wie bei der Halle 3 für die Basler Messe überspielt diese Plattentektonik die Grösse des Baus.
Als Folge der öffentlichen Diskussion wurde inzwischen eine Interpellation im Grossen Rat des Kantons Basel Stadt eingereicht, die unter anderem das Ziel formuliert, die Projekte von giuliani.hönger und Herzog & de Meuron überarbeiten zu lassen. Gegen diesen Nachjurierungsversuch hat sich der SIA mit der Medienmitteilung «Der Juryentscheid muss gelten!»² zu Wort gemeldet. Der SIA fordert, dass die Grundsätze des Schweizer Vergabewesens und der Entscheid einer fachkompetenten Jury zu respektieren sind. Zu den Hintergründen der Entscheidung hat sich Fachpreisrichterin Silvia Gmür im Namen der Jury in einem Zeitungsartikel geäussert.³
Aber wie und wann kann heute eine rege öffentliche Diskussion über die Qualität von Projekten und Bauwerken geführt werden? Unumstritten ist wohl, dass die Qualität der gebauten Umwelt durch den Meinungsaustausch steigt und die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran hat. Allerdings definiert das öffentliche Beschaffungsrecht einen Rahmen, den man nicht ausser Kraft setzen kann, ohne sich juristisch angreifbar zu machen. Von der Rechtssicherheit profitieren Auftraggeber- und Architektenschaft gleichermassen. Dieses Gut sollten alle Beteiligten schützen, einschliesslich der unterlegenen Büros – auch wenn man Sympathien hegt für die urbanistische Zurückhaltung von Herzog & de Meuron gegenüber der Basler Altstadt und dem Klinikum 1 aus den 1920er-Jahren.
Text: Alexander Felix, Architekt