Das 1965–1971 vom Berner Architekturbüro Itten+Brechbühl erbaute Bettenhochhaus ist das Wahrzeichen des Berner Inselspitals. Wegen der gewachsenen Struktur auf dem Areal ist die Eingangssituation jedoch unklar. Die Spitalleitung schrieb daher einen Wettbewerb zur Gestaltung des Haupteingangs aus, den Bauzeit Architekten aus Biel mit einer pragmatischen Aufräumaktion gewannen.
Seit 1884 steht das 1354 von der Bernerin Anna Seiler gegründete Inselspital an seinem heutigen Standort im Westen der Stadt. Der Zugang zum Areal, markiert durch eine rote Passarelle zwischen Bettenhochhaus und Kinderklinik, ist aber nicht der Haupteingang zum Spital. Dieser befindet sich im ersten Obergeschoss des Bettenhochhauses. Ab 2025 soll ein von Henn Architekten aus München erarbeiteter Masterplan die Gesamtsituation auf dem Areal klären. Für den Eingangsbereich, die Visitenkarte der Klinik, wünschte die Inselspital-Stiftung aber schon früher eine Lösung und schrieb einen Projektwettbewerb mit Präqualifikation zur Gestaltung aus; Zeithorizont des Projekts: 15 Jahre; Auftragsvolumen: 8 Mio. Franken.
Gefordert waren unter anderem die Verlegung des Haupteingangs auf die Erdgeschossebene und die Gestaltung des Aussenbereichs davor – dies auch unter Berücksichtigung des Projekts «Inselbus»: Die Buslinie 11 wird ab Ende 2014 das Spitalgelände durchqueren und die Erschliessung des gesamten Areals per öV ermöglichen. Momentan ist das Projekt allerdings durch Einsprachen einer Anliegerin blockiert. Die heute sehr beengt wirkende Zone unter der roten Verbindungsbrücke soll zum städtischen Vorplatz mit Kiosk, Blumenladen und Gastronomie werden.
Langfristig möchte die Spitalleitung die Klinik auch im Inneren umgestalten: Es soll weniger Spitalatmosphäre herrschen und mehr wie ein Hotel wirken. Für den Eingangsbereich bedeutete dies auch funktionale Vorgaben: Patientinnen und Patienten könne zukünftig selber einchecken, dafür musste ein Terminalbereich eingeplant werden. In den eingereichten Projekten schlug sich diese Vorgabe in einer Gestaltung nieder, die vor allem bei der Eingangshalle an eine Mischung aus Hotellobby und Flughafen erinnert. Wie Patienten und Besucher reagieren, wenn sie sich in den oberen Stockwerken statt in einem mondänen Fünfsternehotel dann doch in einem Krankenzimmer aus den 1970er-Jahren befinden, bleibt abzuwarten.
Gewonnen hat mit dem Projekt «Chokhor» von Bauzeit Architekten aus Biel der kostengünstigste Beitrag des Wettbewerbs. Die Architekten reagierten sachlich auf die Situation und räumten den Bestand auf, statt – wie die anderen Projekte – die Fläche zu vergrössern. Zwei Einheiten nehmen alle gewünschten Funktionen auf. Die grosszügige Eingangshalle im Erdgeschoss überzeugt räumlich durch ihre Zweigeschossigkeit und den Sichtkontakt in die obere Ebene, die man per Rolltreppe erreicht. Im ersten Obergeschoss schafft ein unregelmässig geformter Aufenthaltsbereich eine Vielzahl an Nischen, die mit unterschiedlichen Sitzgelegenheiten möbliert sind. Gestalterisch hält eine umlaufende Glasverkleidung die Fläche zusammen. Dazwischen sind, einer internen Piazza gleich, die öffentliche Funktionen untergebracht. Die Passarelle soll etappenweise rückgebaut und durch eine schlankere, gebogene Brücke ersetzt werden. Zum Glück bleibt das expressive Dach erhalten.
Die Architekten gelang es, das vorhandene räumliche Potenzial geschickt zu nutzen und Mass zu halten. Wo nötig, griffen sie ein, wie bei der beengten Eingangssituation, und nahmen sich dort zurück, wo im Moment kein akuter Handlungsbedarf besteht, wie bei der Gestaltung des Vorplatzes. Die leicht unentschiedene Ausstattung der Eingangshalle ist noch gewöhnungsbedürftig – räumlich überzeugt das Konzept.
Tina Cieslik Architektur/ Innenarchitektur, Redaktorin TEC21