Es ist ein Treppenwitz: Das Amt für Umwelt und Energie (AUE) lenkt die baselstädtische Energiepolitik – und arbeitet selbst in einer Energieschleuder. Das Haus an der Hochbergstrasse bildet das energetische Schlusslicht unter den Gebäuden der kantonalen Verwaltung. Mit einem Neubau soll dieser Missstand nun in sein Gegenteil gekehrt werden. Das Amt möchte voranschreiten und mit seinem Verwaltungsbau öffentlichen und privaten Bauherren ein Vorbild sein.
Der Weg zu diesem «Leuchtturm» beginnt bereits mit der Standortwahl. Der Kanton hat zwei Parzellen an der Spiegelgasse erworben und in Nähe des Marktplatzes eine hervorragende Ausgangslage geschaffen. Anstatt mit dem Auto in die Peripherie zu fahren, können die Mitarbeitenden des AUE in Zukunft das Tram nehmen oder auf dem Velo zur Arbeit kommen.
Mit einem selektiven Projektwettbewerb wurde ein passendes Haus gesucht, das die hohen energetischen Ziele der Besteller erfüllt, und diese nach aussen zeigt. An so einer prominenten Lage eine besondere Herausforderung, denn das Haus muss sich mit seinen Nachbarn arrangieren.
Energiegeladener Mantel
Wie sieht Nachhaltigkeit aus? Die 14 Projekte beantworten diese Frage fundamental unterschiedlich: Metallisches Hightech, bedruckte Glaskuben und gar ein Pekinger Vogelnest en miniature werden vorgeschlagen, daneben auch steinerne Häuser, die sich am Duktus ihrer Umgebung orientieren.
Das Projekt des Basler Büros jessenvollenweider fällt da aus dem Rahmen: Souverän bindet sich das aufgelöste Volumen in der Situation ein, ohne seine Eigenständigkeit einzubüssen. Die offenen und geschlossenen Flächen sind fein austariert, eine dezente Auskragung markiert den Eingang.
Die Fassade hingegen überrascht. Anstatt die Photovoltaikzellen auf das Dach zu verbannen, bedecken die Architekten das ganze Haus damit. Doch erst auf den zweiten Blick geben sich die Zellen zu erkennen. Dies ist also mit der «Ca’ d’Oro» gemeint, wie die Verfasser ihren Entwurf nennen: der goldene Schimmer der Siliziumzellen, die Licht in Strom verwandeln. Ein unkonventioneller Ansatz, der dem Bau das Potenzial zum Nullenergiehaus beschert.
Die Platten vermitteln das Bild einer tektonischen Fügung, die einzelnen Zellen erscheinen als Pixel auf den Bändern, die die Fassaden rhythmisieren. Das Projekt verwandelt Haustechnik in Architektur und lässt damit die gängige Rhetorik der Nachhaltigkeit hinter sich, die zwischen Verstecken und Zurschaustellung oszilliert.
Berührungsängste abbauen
Ingemar Vollenweider führt aus, wie er sein Team für das Experiment gewinnen konnte: «Wir haben uns an ein Thema herangewagt, das sonst häufig an die Haustechnik delegiert wird. Es war das erste Mal, dass wir Energiefragen – und insbesondere die Haltung unserer Bauherrschaft dazu – so weit ausgelotet haben. Wir bauen gern im Kontext. Und deshalb fassten wir diese Vorgaben einfach als eine weitere Rahmenbedingung auf.»
So wurden die Solarzellen zu einem integralen Bestandteil der Gestaltung. Die Architekten möchten Einfluss auf die Produktion der Photovoltaikzellen nehmen und die Anordnung der in unterschiedlichen Nuancen schimmernden Zellen bestimmen. Daraus soll ein Ornament entstehen, für das jessenvollenweider Analogien im historischen Stadtkontext fanden: Der Torbogen auf dem Weg zur Schifflände ist kassettiert und zeigt ebenfalls quadratische Einzelfächen. In der Visualisierung (Abb. 02) tritt die Verwandtschaft der beiden Ornamente deutlich hervor.
Doch die Fassade aus Photovoltaikelementen war bloss die Kür zu den geforderten Energiewerten. In Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro SJB.Kempter.Fitze entstand ein Tragwerk in Mischbauweise: Holz und Stahlbeton tragen das Gebäude und halten den Wert bei der grauen Energie tief. Haustechnik und Tragwerk sind konsequent getrennt, was ihrem unterschiedlich langen Lebenszyklus Rechnung trägt.
Die Fenster sind als eine Variation der Kastenfenster geplant, die jessenvollenweider bereits am Oberen Graben in St. Gallen eingesetzt haben. Als «Closed Cavity»-Fenster tragen sie wesentlich zur Energieeinsparung bei. Um dem typischen Barackenklima des Leichtbaus entgegenzuwirken, wird den Gipsplatten ein neu entwickelter Latentwärmespeicher beigefügt, der die Schwankungen ausgleicht.
Marko Sauer Architekt, Korrespondent TEC21